Ob im Alltag, im Beruf oder auf dem Fußballplatz –rassistische Diskriminierung ist auch in Deutschlandimmer noch verbreitet. Ex-Profi und Fußball-ManagerGerald Asamoah und Gunn Boonyasavet, ProductOwner Digital Health Services bei der Generali, wissen,wie es sich anfühlt, als anders betrachtet zu werden.Jetzt sind sie Teil des Kunstprojekts „Die Deutschendes 21. Jahrhunderts“ des Starfotografen OlivieroToscani und der Generali Deutschland. Hier erzählensie, wie sie für mehr Diversität und Inklusion kämpfenund welche Rolle Unternehmen dabei spielen können.
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K
annst du Karate?“ oder „Kommst duaus China?“. Solche Fragen scheinenauf den ersten Blick ganz harmloszu sein. Und doch können sie verlet-
zen. Gunn Boonyasavet hat so etwas schon oft ge-hört. In Bangkok geboren, kam er als Kind nachDeutschland. „Das war mehr als nur ein Tempera-turschock“, erzählt der Product Owner DigitalHealth Services bei der Generali. Von Anfang anwurde er als anders wahrgenommen und immerwieder mit Stereotypen konfrontiert, die Deut-sche mit Asien verbinden. Ein typisches Beispielfür Rassismus, wie die weithin anerkannte Defi-nition der Amadeu Antonio Stiftung besagt: „Ras-sismus ist eine Ideologie, die Menschen aufgrundihres Äußeren, ihres Namens, ihrer (vermeintli-chen) Kultur, Herkunft oder Religion abwertet.“Für Boonyasavet sind prägende Diskriminie-rungserfahrungen alltägliche Situationen, in de-nen sich sein Gegenüber nicht die Mühe macht,vorgefertigte Bilder im Kopf zu hinterfragen.„Dazu gehört etwa, wenn jemand meinen Nach-namen falsch ausspricht und sich auch nicht da-für interessiert, wie er richtig ausgesprochenwird“, sagt er.
Fehlendes Mitgefühl bei Rassismus
Rassismus von Kindheit an hat auch Gerald Asa-moah erlebt. Der Ex-Fußballer, der unter ande-rem beim FC Schalke 04 und in der National-mannschaft spielte, kam mit zwölf Jahren ausGhana nach Deutschland und musste sich in ei-ner weißen Welt behaupten. Asamoah ist wieGunn Boonyasavet Teil des Kunstprojekts „DieDeutschen des 21. Jahrhunderts“. Mit der Open-Air-Installation und dem dazugehörigen Buchzeigt Starfotograf Oliviero Toscani das vielfältigeGesicht Deutschlands. 800 Menschen jeder Haut-farbe, jeden Geschlechts, jeden Alters hat er da-für auf deutschen Straßen angesprochen und mitder Kamera porträtiert.
Als Asamoah 1990 in Deutschland ankam, war diedeutsche Gesellschaft noch nicht so vielfältig.Außer ihm besuchte nur ein weiteres schwarzesKind seine Schule. „Das N-Wort habe ich zumersten Mal auf dem Schulhof gehört. Man musstemir erklären, was es bedeutet“, erzählt er. Auchwährend seiner beruflichen Laufbahn war derStürmer immer wieder mit rassistischen Verun-glimpfungen von Fantribünen konfrontiert,wurde mit Bananen beworfen und mit Affenlau-ten beleidigt. Asamoah fühlte sich in solchenMomenten oft sehr alleingelassen. Am meistenweh tue ihm, wenn er Weißen von seinen Rassis-muserfahrungen erzähle und sie ihm entgegnen,er solle nicht so wehleidig sein, das sei doch allesgar nicht so schlimm. „Ihr wollt mich belehren,was Rassismus ist? Wie könnt ihr überhaupt be-urteilen, was Rassismus ist, wenn ihr es nie ameigenen Leib erfahren habt?“, so der heutige Lei-ter Lizenzbereich beim FC Schalke 04.
Gerald Asamoah nutzt seine Popularität, um sichgegen Diskriminierung zu engagieren. Dafürwurde er mehrfach ausgezeichnet, beispielsweisemit dem „Laureus Athlete Advocate of the YearAward 2022“. In seiner Dankesrede betonte er, esgebe noch viel zu tun, um in der Gesellschaft Ak-zeptanz für Diversität und Inklusion zu errei-chen. Doch aufgeben kommt für den ehemaligenStürmer nicht infrage: „Es ist ein langer Weg,aber ich hoffe, gemeinsam schaffen wir es. Wirdürfen einfach nie aufhören, Rassismus zubekämpfen.“
Unternehmen im Kampf gegen
Rassismus gefragt
Immerhin – in den vergangenen Jahren ist dieAuseinandersetzung mit Rassismus hierzulandestärker in den Fokus gerückt. Dazu hat unter an-derem die Black-Lives-Matter-Bewegung beigetra-gen. Beispielsweise gewinnen Diversität und In-klusion in Unternehmen zunehmend an Bedeu-tung. 2020 wünschten sich 57 Prozent der Bun-desbürgerinnen und -bürger, dass deutsche Fir-men in der Öffentlichkeit stärker Haltung gegenRassismus beziehen. Das ergab eine Umfrage desVereins „Gesicht zeigen!“ und der Unterneh-mensberatung EY. Die Autorinnen und Autorender Studie nennen zudem Maßnahmen, mit de-nen Unternehmen Diskriminierung bekämpfenkönnen. Dazu zählen eine klare Kommunikation,dass und warum sich das Unternehmen gegenRassismus einsetzt, die Verankerung von Diversi-tät und Inklusion in der Unternehmensstrategiesowie Netzwerke, die sich für Vielfalt und Tole-ranz engagieren.
Diversität bereichert
Die Generali hat sich bereits vor Jahren auf denWeg gemacht, um Diversität und Inklusion imUnternehmen immer weiter zu stärken. Vielfaltund Integration hat sie als zentralen Bestandteilihrer Unternehmensstrategie definiert. „Wirmüssen so divers sein wie unsere Kunden“, sagtGiovanni Liverani, CEO der Generali Deutsch-land. Denn Vielfalt verbessert die Arbeitsweise,fördert Innovation und vergrößert denWettbewerbsvorteil.
Jüngst unterstützte das Unternehmen die Instal-lation „Die Deutschen des 21. Jahrhunderts“ vonStarfotograf Oliviero Toscani und setzt so auchnach außen ein deutliches Zeichen für Vielfaltund Inklusion. „Das Kunstprojekt zeigt die Stär-ke, Multikulturalität und Weiterentwicklung derdeutschen Gesellschaft. Gleichzeitig ist die Initia-tive auch ein Symbol für einen neuen Humanis-mus, für den sich die Generali und ich ganz per-sönlich einsetzen“, so Liverani.
Außerdem stärkt die Generali Diversität, Gleich-berechtigung und Inklusion (englisch: Diversity,Equity and Inclusion, kurz DEI) im Unterneh-men seit Jahren mit zahlreichen Initiativen.Dazu zählen Netzwerke etwa der LGBTIQ+-Com-munity im Unternehmen oder für Frauen. GunnBoonyasavet engagiert sich im Diversity & Inclu-sion Council der Generali. „Ich möchte gern dazubeitragen, dass die Belange der Mitarbeitendenzum Thema DEI ernst genommen werden“, er-klärt er. „Ich habe in meinen Jahren bei der Ge-nerali immer wieder erlebt, wie bereichernd esist, wenn ganz unterschiedliche Kompetenzenund Ansichten zusammenkommen. Wir solltenDiversität und Inklusion als Chance verstehenund daraus positive Impulse holen – für uns alsMitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Gene-rali als Unternehmen und im weitesten Sinneauch für die Gesellschaft in Deutschland“, sagter. Und was rät er Menschen, die Sorge haben,sich selbst unbewusst rassistisch zu verhalten?„Oft würde es schon helfen, echtes Interesse amGegenüber zu zeigen und zum Beispiel zu fragen,wie ein fremd aussehender Name richtig ausge-sprochen wird“, so Boonyasavet.
Gunn Boonyasavet: Er isteiner der Porträtierten in OlivieroToscanis Kunstprojekt „Die Deut-schen des 21. Jahrhunderts“ undengagiert sich bei der Generali fürDiversität und Inklusion
Sommermärchen: Gerald Asamoah (2. von rechts) mit David Odonkor, Torsten Frings und Lukas Podolski (vonlinks) bei der Abschlussparty der Nationalmannschaft in Berlin nach der Weltmeisterschaft 2006
Ehrung: Gerald Asamoah wird immer wieder für seinEngagement gegen Diskriminierung ausgezeichnet, wiehier 2016, als er den Fair-Play-Award der FIFA stellvertre-tend für alle Vereine entgegennahm, die sich in derFlüchtlingshilfe engagieren
Installation für mehr Vielfalt: StarfotografOliviero Toscani (links) und Giovanni Liverani, CEO derGenerali Deutschland, bei der Eröffnung der Ausstellung„Die Deutschen des 21. Jahrhunderts“ in Berlin
Schon beim ersten Blick auf eine Person ordnen wirsie oft in Schubladen ein. Denn wir alle haben – häufigganz unbewusst – Vorurteile (englisch: bias). Mit deminteraktiven Bias-O-Mat können Sie jetzt auf spieleri-sche Art Ihre Urteilskraft auf den Prüfstand stellen –und Vorurteile über Bord werfen. Viel Spaß!