Roboter, künstliche Intelligenz und neue Technologien –Wissenschaftler wissen: Die Medizin macht geradeInnovationssprünge, steht an einem Wendepunkt. Ein Blickin die Zukunft zeigt, worauf wir jetzt hoffen können.
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ie man sich die Zukunft der Medizinvor über 50 Jahren vorstellte, lässtder Science- Fiction-Streifen „Diephantastische Reise“ von 1966 erah-
nen: Dort lassen sich Wissenschaftlerinnen undWissenschaftler zusammen mit einem U-Bootschrumpfen und in die Blutbahn eines Menscheninjizieren, um eine komplizierte Gehirnoperati-on vorzunehmen. Mini-Operateure menschlicherArt werden wohl eine Vision bleiben. Sie sindaber auch gar nicht nötig. Stattdessen könntennicht einmal staubkorngroße technische Geräteim Körper zum Einsatz kommen. Wissenschaftleram Stuttgarter Max-Planck-Institut für Intelli-gente Systeme beispielsweise tüfteln an einemNanoroboter, der Medikamente an die schwer zu-gängliche Netzhaut im hinteren Auge transpor-tiert. So sollen Erkrankungen wie eine altersbe-dingte Makuladegeneration behandelt werden.Erste Versuche mit Augen von Schweinen verlie-fen vielversprechend: Die Miniboten arbeitetensich mithilfe winziger Propeller und eines Ma-gnetfelds bis in den hinteren Bereich des Sehap-parats vor.
Klar ist: Roboter werden in der Medizin inZukunft eine wichtige Rolle spielen – auch deut-lich größere Exemplare. Ein Weg, den Pflegenot-stand zu lösen, könnten etwa technische Gehil-fen sein, die das Personal bei Standardtätigkeitenentlasten. Sami Haddadin, Professor für Robotikan der TU München, entwickelt gerade den zwei-armigen Roboter „Garmi“ samt Radantrieb für
den Hausgebrauch. Dieser kann etwa Türen auf-schließen, Wasser reichen oder beim Aufstehenhelfen. Außerdem erleichtert der Tech-Butler dieKommunikation zwischen Patientinnen und Pa-tienten mit ihren Hausärztinnen und -ärzten.Über Garmis Kamerafunktion kann die Medizine-rin den Patienten sehen, mit ihm sprechen, sei-nen Puls messen oder einen Ultraschall vorneh-men. Mit Algorithmen und maschinellem Lernensoll sich Garmi individuell auf die Bedürfnisseseines Schützlings einstellen. Marktreif ist er bis-lang nicht. Doch es lässt sich erahnen, wie Robo-tik und künstliche Intelligenz (KI) die Medizinrevolutionieren und unser Leben künftig erleich-tern könnten. Dabei sollen die technischen Hel-fer als Werkzeug dienen, menschliche Kontakteaber keinesfalls ersetzen.
Innovation zur Prävention
Auch die Generali setzt auf die Robotik, um Men-schen ein sichereres und besseres Leben zu er-möglichen. Als lebenslanger Partner seiner Kun-dinnen und Kunden entwickelt der Versicherereine robotergestützte Lösung zur Sturzpräventi-on in Zusammenarbeit mit Movendo Technology,
dem Forschungs- und Präventionszentrum (FPZ)und der Deutschen Sporthochschule Köln. Hin-tergrund: Jedes Jahr stürzen in DeutschlandMenschen über 65 Jahren rund sechs MillionenMal. 450.000 von ihnen so schwer, dass sie imKrankenhaus behandelt werden müssen. Die Ge-nerali möchte ihre Kundinnen und Kundenkünftig mit individuellen Präventionslösungendavor schützen. Das Ziel: mehr Sicherheit unddamit Lebensqualität zu bieten. Derzeit unter-sucht sie mit ihren Partnern, wie sich roboterge-stütztes Training bei Personen mit erhöhtemSturzrisiko auswirkt. Dazu trainieren Teilneh-mende in FPZ-Therapiezentren mithilfe des Ro-botersystems „hunova“ des italienischen Herstel-lers Movendo Technology. Das Projekt soll welt-weit verbreitet werden. Das ist aber nicht alles.„Mit unserem Kooperationspartner arbeiten wirzusätzlich an einer Lösung für Patientinnen undPatienten mit Long-Covid-Syndrom, also langfris-tigen Beeinträchtigungen nach einer Erkrankungmit Covid-19“, sagt Giovanni Liverani, CEO derGenerali in Deutschland.
Pandemie stößt technologische
Entwicklung an
Ohne den verstärkten Einsatz von Technologienist die Medizin kaum noch vorstellbar. Geradedie Coronapandemie hat digitalen Gesundheits-
angeboten in Europa innerhalb von nur einemJahr einen weiteren Wachstumsschub von fast 50Prozent verschafft. Das zeigt die Studie „Futureof Health 2 – The rise of healthcare platforms“der Unternehmensberatung Roland Berger. DieExpertinnen und Experten gehen davon aus, dassdie Pandemie den Digitalisierungsprozess derBranche insgesamt um rund zwei Jahrebeschleunigt.
Auch die Generali setzt auf Zukunftslösungenbei gesundheitlicher Prävention. Dafür nutzt siedas Smartphone. Mit ihm und der Generali Vital-Signs&Care-App können Nutzerinnen und Nutzerganz einfach die wichtigsten Vitalfunktionenselbst kontrollieren. Ebenfalls via App wollen dieForscher des Massachusetts Institute of Technolo-gy (MIT) helfen, die Coronapandemie besser un-ter Kontrolle zu bringen. Ihre künstliche Intelli-genz soll symptomfreie Corona-Infizierte amHusten erkennen können – einfach per Test-Appfür das Mobiltelefon. Das Beispiel zeigt: Die Zu-kunft der Medizin hat längst begonnen.
Moderne OP-Technik:Immer mehr KI-basierte Systeme helfen im Krankenhaus bei komplexenmedizinischen Eingriffen
„Unsere bedeutsamste Aufgabe ist es, den
Menschen und seine Lebensqualität immer in
den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns
zu stellen. Wir wollen unseren Kundinnen und
Kunden mit den Mitteln modernster Technologie
das Leben leichter machen.“
Giovanni Liverani, Deutschland CEO Generali
Stürze vermeiden: Die Generali forscht mit Partnern an einerrobotergestützten Prävention
Robo-Butler: Garmi kann im Haushalt kleine Tätigkeiten übernehmen
Die Zukunft ist jetzt: Nanoroboter sollen Medikamente an schwer zugängliche Stellen im Körper transportieren
Fotos: Generali, Getty Images/Coneyl Jay, Getty Images/Wavebreakmedia Ltd, Kurt Bauer/TUM, Stefan Hobmaier