umdenken“

„Wir

müssen freiwillig

Hannes Jaenicke kämpft seit den 80er-Jahren für die Umwelt. Er sagt, die Coronakrise biete die einmalige Chance für mehr Nachhaltigkeit. Sein Appell: Wir müssen unser Verhalten ändern – und zwar jetzt.

Schauspieler mit Engagement: Hannes Jaenicke will mit Dokumentarfilmen, Büchern und als Umweltaktivist wachrütteln

No.I: Herr Jaenicke, wie sehr hat die Auseinandersetzung mit Corona die Debatte über Nachhaltigkeit in den Hintergrund treten lassen?

Hannes Jaenicke: Aus nachvollziehbaren Gründen hat die Coronakrise die Debatte über die Klimakrise leider gebremst. Das wird sich zwar in absehbarer Zeit wieder ändern, aber es wurde wertvolle Zeit verloren.


No.I: Was können wir aus der Coronakrise lernen, um als Gesellschaft nachhaltiger zu werden?

Jaenicke: Die Krise wäre eine gute Möglichkeit, in vielen umweltrelevanten Bereichen umzudenken und umzusteuern. Leider wurde nach dem Ausbruch der Pandemie auch ers- taunlich schnell vergessen, dass es sich hier um ein zoono- tisches Virus handelt. Also um einen Krankheitserreger, der uns Menschen bedroht, weil wir immer tiefer in die Natur eindringen und mit Tieren in Kontakt kommen – oder sie im Falle Chinas sogar essen –, mit denen wir sonst nicht in Berührung geraten würden. Insofern sollte die Coronakrise ein Anlass sein, unseren Umgang mit Natur und Umwelt und unser gesamtes Wirtschafts- und Wachstumsmodell zu überdenken.


No.I: Wo sollte der Einzelne anfangen, seinen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit zu leisten?

Jaenicke: Die Liste ist lang. Sie beginnt bei unserem tägli- chen Energiekonsum, geht weiter mit unserem Kaufverhalten und hört beim Reduzieren unseres Fleischkonsums und Wegwerfkonsums noch lange nicht auf.


No.I: Sie stellen Ihre Popularität als Schauspieler, Doku- Filmer und Person der Öffentlichkeit in den Dienst der Sache. Kann der Umweltaktivist Hannes Jaenicke Leitfigur für andere sein?

Jaenicke: Das können nur andere beurteilen. Ich versuche durch Dokumentarfilme und Bücher Informationen zu liefern, die in der Dauerberieselung durch Werbung, Social Media und Influencerinnen sowie Influencer unterzugehen drohen.


No.I: Wie ändern wir unser Verhalten am besten – ad hoc oder Stück für Stück?

Jaenicke: Beides geht. Wenn jemand von einem auf den an- deren Tag vom Fleischesser zum Vegetarier wird, ist das ein wirkungsvoller Schritt. Das Gleiche gilt für jemanden, der ge- legentlich aufs Fahrrad statt ins Auto steigt, seinen Urlaub an der Nord- oder Ostsee verbringt statt auf einem Kreuzfahrt- schiff und wöchentlich einen Veggie-Day einlegt.


No.I: Wo sehen Sie positive Beispiele für Veränderungen in Richtung mehr Nachhaltigkeit?

Jaenicke: Ich sehe immer mehr Menschen mit eigenen Me- tall-Trinkflaschen und Thermostassen herumlaufen statt mit PET und to-go-Bechern. Die Fahrradläden waren in diesem Jahr leergekauft und viele Landsleute, mich inbegriffen, ha- ben Deutschland als Urlaubsland für sich entdeckt, anstatt Fernreisen zu buchen. Selbst in Discountern findet man mit- tlerweile immer mehr Bio- und Fairtrade-Produkte. Und große Supermarktketten bieten zunehmend regionale und unverpackte Lebensmittel an.


No.I: Wie müssen Ökologie und Ökonomie in Zukunft zusammenspielen?

Jaenicke: Auf lange Sicht wird uns gar nichts anderes übrig bleiben, als unsere Ökonomie ökologisch zu gestalten. Neh- men Sie als Beispiel den Flächenfraß: Derzeit versiegeln wir in Deutschland pro Sekunde zehn Quadratmeter Grünfläche, das macht in etwa 84 Fußballfelder pro Tag. Wie lange wol- len wir das weitermachen? Bis auch das letzte Fleckchen Grün zubetoniert ist für Gewerbeparks, Straßen und Shop- pingmalls? Wenn wir nicht freiwillig umdenken, werden wir irgendwann dazu gezwungen werden, ob es uns passt oder nicht.

„Auf lange Sicht wird uns gar nichts anderes übrig bleiben, als unsere Ökonomie ökologisch zu gestalten.“

Hannes Jaenicke, Schauspieler und Umweltaktivist

Foto: Stefan Nimmesgern/laif